Fachpraxis für Pferde

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...Zähne

Fall:
Stute, 15 Jahre alt, lebt seit vier Jahren bei ihrer Besitzerin. Sie ist bis zur Klasse M ausgebildet, wird aber nicht auf Turnieren vorgestellt, sondern freizeitmäßig geritten, was in diesem Fall bedeutet: Einmal pro Woche Reitunterricht, ein bis zweimal in der Woche in der Halle „auf sich selbst gestellt“. Die restlichen Tage verbringen die zwei ihre Zeit zumeist im Gelände.
Die Stute hat täglichen Weidegang in einer festen Herde. Die Besitzerin ist „Wiedereinsteigerin“, nachdem sie fast 20 Jahre pausiert hatte. Als sie sich zum Kauf eines Pferdes entschloss, sollte es eins sein, welches eine solide Ausbildung hat, aber insbesondere ruhig und ausgeglichen ist.
Seit etwa einem Jahr vermehrten sich die Probleme: Die Stute wehrte sich immer öfter gegen Zügelhilfen und verweigerte die Anlehnung, war schreckhafter, bockte, lief hin und wieder unklar. Aber auch unabhängig vom Reiten bemerkte man Veränderungen. Die Stute wurde unausgeglichen und wollte sich nicht mehr so gerne anfassen lassen.
Die Besitzerin änderte mehrfach das Gebiss – ohne Besserung. Sie verlagerte einen Teil ihrer Beschäftigungen mit der Stute auf Bodenarbeit. Jedoch zeigte dies nur kurzfristige Besserung und war nicht von dauerhaftem Erfolg gekrönt.

Bei der Erstuntersuchung lief die Stute deutlich verspannt, hatte Probleme in der Halswirbel-säule und hielt ihren Schweif schief.
Die Erstuntersuchung schließt grundsätzlich die Kontrolle der Zähne ein. Relevant ist dies aus folgendem Grund: Pferdezähne schieben sich immer weiter nach. Sie werden durch Raufutter abgenutzt. Früher war es das Steppengras, was wir auf unseren heutigen Hochleistungsweiden aber nicht mehr bieten können.
Je mehr Heu ein Pferd frisst, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zähne sich gleichmäßig abnutzen. Dabei sollte man beachten, dass die natürliche Körperhaltung des Pferdes beim Fressen ein nach unten gestreckter Kopf ist. Muss das Pferd mit erhobenem Kopf fressen, mahlen die Zahnflächen nicht mehr im richtigen Winkel aufeinander das Futter klein, und nutzen sich aufgrund dessen schief ab.
 
Leider gibt es unsere Haltung aus vielen Gründen zumeist nicht her, dass die Zähne ein Pferdeleben lang korrekt abgenutzt werden. Deshalb sollte ein ausgebildeter Pferdezahnarzt einmal im Jahr eine Kontrolle durchführen und – wenn nötig – die Zähne bearbeiten.
Nicht selten bilden sich scharfe Kanten oder Stufen im Maul, die insbesondere beim Reiten in Zunge etc. drücken und so Schmerzen auslösen, denen sich das Pferd auf jeden Fall entziehen möchte. Sind die Zähne nicht mehr in der Lage, eine freie Kaubewegung durchzuführen, wird dadurch das Kiefergelenk blockiert. Die Pferde beginnen häufig einseitig zu kauen und halten den Kopf schief.
Der anatomisch falsche Druck auf die Halswirbelsäule verschiebt zunächst den ersten Halswirbel. In der Kettenreaktion können in der gesamten Wirbelsäule Störungen auftreten.
 
Hält sich das Pferd schief, um den Schmerzen auszuweichen und sich selbst zu entlasten, entstehen Bilder wie im oben beschriebenen Fall. Deshalb wurde die Stute nach der Untersuchung zum Pferdezahnarzt überwiesen.
 
Der Pferdezahnarzt fand scharfe Kanten und unterschiedlich stark abgenutzte Zähne – die sogenannten Stufen – in ihrem Maul und behob die Probleme.

Drei Wochen nach der Zahnbehandlung wurde ein zweiter Termin vereinbart, an dem die Verspannungen massiert wurden. Die ist ganz wichtig, da die verspannten Muskeln ansonsten den Wirbel in der falschen Position halten und – im schlechtesten Fall – den Wirbel nach der Behandlung wieder zurück in die Fehlstellung ziehen. Anschließend wurde die Halswirbelsäule und das Kreuzdarmbeingelenk gerichtet. Letzteres war der Grund für die dauerhafte Schiefstellung des Schweifes.
 
Nach drei Tagen spazieren gehen und Weidegang fing die Besitzerin langsam wieder an, ihre Stute vorwärts-abwärts zu reiten. Als weitere drei Wochen später wieder ein Kontrolltermin stattfand, war die Besitzerin schon sehr glücklich. Sie erzählte, dass die Stute wieder viel aufmerksamer mitarbeitete und kaum noch bockte. Überhaupt wirkte sie wieder viel entspannter und ausgeglichener.
 
Bei diesem Termin folgte die Zweitbehandlung. Die Beschwerden waren fast gänzlich verschwunden und benötigten diese zweite Behandlung, um ganz abzuklingen. Ein solcher Ablauf ist häufig der Fall, wenn die Beschwerden schon längere Zeit – wie in diesem Fall – bestehen.

... und täglich grüßt der Beckenschiefstand ...ohne Huf kein Pferd