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...Impfprophylaxe bei Pferden

Laut LPO muss für alle an Leistungsprüfungen (Kategorie A + B –Turniere) teilnehmenden Pferde ein ordnungsgemäßer Impfschutz gegen Influenzavirusinfektionen im Pferdepass dokumentiert sein. In diesem ist von einem Tierarzt, dass das Pferd als Grundimmunisierung gegen Pferdeinfluenza drei Impfungen erhalten hat. Der Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung sollte dieser Verordnung zufolge mindestens 42 Tage, maximal 70 Tage betragen. Die dritte Impfung muss im Abstand von sechs Monaten ( + 21 Tage) nach der zweiten erfolgt sein. Erst mit einer derart durchgeführten Grundimmunisierung sind die Pferde als schutzgeimpft anzusehen. Wiederholungsimpfungen sollen im Abstand von 6 Monaten ( + 21 Tage) durchgeführt sein.

Prinzipiell ist festzustellen, dass die Schutzimpfung gegen Pferdeinfluenza allein nicht genügt, um die Pferdebestände vor wichtigen Infektionskrankheiten zu schützen. Über die Influenza hinaus ist es sinnvoll, resp. erforderlich, Pferde auch gegen Infektionen z.B. mit Pferdeherpesviren und speziell Wundstarrkrampf (Tetanus) zu impfen sowie, in Abhängigkeit von der regionalen Seuchensituation, gegenüber Tollwut durch Impfungen präventiv zu schützen. Auf die richtige Durchführung dieser Impfungen wird im Folgenden eingegangen.

Pferdeinfluenza
Die Virusinfektionen der Atemwege zählen zu den infektiösen Faktorenerkrankungen. Das bedeutet, dass neben bekannten Virus- und Bakterienarten auch äußere Faktoren, die in erster Linien aus den Folgen von Stress und mangelnder Hygiene, sowie nicht artgerechter Haltung, Nutzung und Fütterung bestehen, eine ursächliche Rolle beim Zustandekommen der Krankheiten spielen. Die wichtigsten Viren hierbei sind die Influenzaviren sowie die Herpesviren des Pferdes. Gegen beide Virusgruppen existieren Impfstoffe, mit denen Immunpräventive betrieben werden kann.
Die klassischen Erreger von Hustenerkrankungen endemischen bis pandemischen Ausmaßes sind die Pferdeinfluenzaviren der Serotypen Influenza A-equi 1 (H7 N7) und Influenza A - equi 2 (H3N8). Unter dieser Bezeichnung verbergen sich Viren mit unterschiedlicher Flexibilität hinsichtlich der für die Impfstoffe so wichtigen antigenen Struktur. Seit Jahren sind in Europa keine Infektionen mit Influenza A-equi 1 – Viren nachgewiesen worden. Dagegen kursieren in zunehmendem Maße Influenza A-equi 2-Viren, deren Antigenstruktur sich relativ schnell verändert. Sie führen bei Pferden innerhalb und außerhalb Europas zu manifesten Infektionskrankheiten. Die von Impfstoffen mit alten Inflenzavirusantigenen induzierten Antikörper sind nur bedingt oder gar nicht in der Lage, gegen diese Virusstämme zu schützen.
Zur Verleihung einer belastbaren Immunität gegenüber dieser wichtigsten Atemwegsinfektion ist das Pferd in einem permanenten Impfzyklus zu halten. Dieser beginnt mit der Durchführung der Grundimmunisierung nicht vor abgeschlossenem 5. Lebensmonats des Fohlens, besser noch später. Dies gilt insbesondere für Fohlen aus geimpften Mutterstuten – was die Regel sein sollte.
Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen im Abstand von sechs bis acht Wochen und muss gefolgt sein von einer dritten Impfung ein halbes Jahr nach der zweiten. Dann erst sprechen wir von einer abgeschlossenen Grundimmunisierung. Wichtig ist, die Fohlen nicht zu früh zu impfen, da zum einen mütterliche Antikörper aus dem Kolostrum von geimpften Stuten oder von Influenzainfizierten Stuten über den sechsten Monat hinaus im Fohlen persistieren und den Impferfolg gefährden können, zum anderen reagieren Fohlen jenseits des sechsten Lebensmonats auf Impfungen mit inaktivierten Antigenen mit einer besseren Antikörperbildung als jüngere Fohlen. Die dritte Impfung als Teil der Grundimmunisierung ist auch deshalb erforderlich, da die Influenza A-equi 2- Serotypen von einer geringen Immunogenität sind und diese dritte Impfung zur Steigerung der Antikörperbildung erforderlich ist. Dringend sind Wiederholungsimpfungen im Abstand von sechs Monaten zu empfehlen.
Die Impfempfehlung mancher Impfstoffhersteller basiert auf deren Aussage, dass sie mit ihren Impfstoffen einen über 12 Monate belastbaren Impfschutz erzielen könnten. Da hierbei jedoch gleichzeitig die Empfehlung gegeben wird, „bei besonderer Gefährdung“ alle sechs Monate zu impfen, impliziert dies, dass in jedem Fall ein besserer Schutz durch die halbjährliche Impfung erzielt wird. Für einen sicheren Schutz der Pferdepopulation kann nur dieses Intervall empfohlen werden. Desgleichen ist es unerlässlich, alle Pferde eines Bestandes zu impfen, nicht nur z.B. das eine Turnierpferd, da erst der Populationsschutz einen Schutz vor seuchenhafter Ausbreitung der Pferdeinfluenza gewährleistet. Etwa 80% der Pferde müssen hierfür immunologisch geschützt sein.

Pferdeherpesviren
Turnierpferde reisen viel und sind, wie alle Leistungssportler, einer Vielzahl von Stresssituationen ausgesetzt. Innerhalb der Sportsaison kommen sie häufig mit Pferden aus anderen Beständen, Ländern und Kontinenten zusammen und tauschen mit diesen die unterschiedlichsten Krankheitserreger aus. Diese permanente Gefahr der Ansteckung wird dadurch vergrößert, dass das Turnierpferd in der Regel infolge des Einflusses diverser Stressfaktoren in seiner immunologischen Abwehr geschwächt sein kann. Die Folge dieser Faktorenkombination ist, dass gehäuft Infektionskrankheiten auftreten, die über das betroffene Turnierpferd hinaus weitere Pferde seiner Umgebung, vor allem aber auch seines Herkunftsbestandes gefährden können. Hier stehen wiederum die Infektionen der Atemwege an vorderster Stelle. Neben den Influenzaviren und anderen Erregern spielen die Herpesviren des Pferdes hierbei eine besondere Rolle.
Den meisten Herpesviren des Pferdes ist eigen, dass sie nach der ersten Infektion latent im infizierten Tier bleiben. Das Pferd, das einmal infiziert ist, bleibt dies über längere Zeiträume, vielleicht sogar ein Leben lang. Unter Stress werden diese Viren ausgeschieden und können dabei sowohl das betroffene Tier als auch weitere Pferde, die von virusausscheidenden Pferden angesteckt werden, erkranken lassen. Stress aktiviert diese latent infizierenden Viren mit der Folge der Ausscheidung der Erreger in die Umgebung des betroffenen Pferdes. Zur sinnvollen Präventive von Atemwegsinfektionen gehört neben der Impfung mit Pferdeinfluenzaimpfstoffen auch die Impfung mit Equinen Herpesviren der Typen EHV1 und EHV4 . Aus diesem Grunde wurden Kombinationsimpfstoffe entwickelt, in denen neben den Influenzaviren auch diese Herpesviren enthalten sind. Darüber hinaus gibt es Einzelimpfstoffe (mono- und bivalent), in denen nur die Pferdeherpesviren EHV1 und/oder EHV4 in inaktiver Form und auch in Kombination mit Influenzaviren vorliegen.
Mit derartigen Impfstoffen sollten Fohlen ebenfalls erstmals im Alter des abgeschlossenen 5. Lebensmonats grundimmunisiert werden, wobei die zweite Impfung wiederum im Abstand von 6 – 8 Wochen nach der ersten Impfung durchgeführt wird. Sechs Monate nach der zweiten Impfung erfolgt die dritte zum Abschluss der Grundimmunisierung. Wiederholungsimpfungen werden in 6-monatigem Intervall durchgeführt. Somit gilt der gleiche Impfrhythmus wie beim Einsatz von Influenzaimpfstoffen. Auch für die Anwendung von Kombinationsimpfstoffen, die Influenza- und Herpesviren enthalten, gilt dieses Impfschema. Wie bei der Impfung gegen die Pferdeinfluenza sind auch hier alle Pferde des Bestandes unter permanentem Impfschutz zu halten. Erst dadurch ist ein Schutz vor klinisch manifester Neuinfektion sowie den klinischen Folgen der Reaktivierung latenter Infektionen zu erwarten. Ein weiterer Grund für die Impfung aller Pferde eines Bestandes ist die Tatsache, dass geimpfte Pferde innerhalb der angesprochenen Reaktivierung latenter Herpesinfektionen deutlich weniger Virus in ihre Umgebung ausscheiden als nicht geimpfte. Erst über den angestrebten Populationsschutz infolge der Ausdünnung der Virusmengen im Bestand ist eine Unterbrechung der Infektionsketten zu erwarten.
Beide Vertreter der Pferdeherpesviren (EHV1 und EHV4 ) sind in der Lage Spätaborte bei tragenden Stuten auszulösen. Diese Aborte sind als eine individuelle Komplikation der EHV-Infektion anzusehen. Die Bekämpfung des Virusabortes durch Schutzimpfung ist nur bedingt möglich. Speziell hierfür gilt, dass die Equiden des jeweiligen Bestandes, nicht nur dessen Zuchtstuten, wie o.a. konsequent zu impfen sind. Für diese Impfung eignen sich auch die besprochenen Impfstoffe auf der Basis von inaktivierten Herpesviren prinzipiell mit den angeführten Terminen für die Impfung von Fohlen wie erwachsenen Pferden, auch wenn diese von den in den Beipackzetteln gegebenen Empfehlungen der Impfstoffhersteller abweichen. Speziell bei der Bekämpfung des Virusaborts durch Schutzimpfung kommt den begleitenden Maßnahmen zur Verringerung der Erregermengen im Bestand und damit in erster Linie hygienischen Maßnahmen vorrangige Bedeutung zu.

Wundstarrkrampf (Tetanus)
Der Erreger des Wundstarrkrampfes, ein Bakterium namens Clostridium tetani, lebt immer in der Umgebung der Pferde und ist in infektionstüchtigem Zustand ständig präsent. Die Schutzimpfung gegen den Wundstarrkrampf ist eine der wirkungsvollsten in der Pferdemedizin; jedes Pferd sollte auf Grund der permanenten Infektionsgefahr gegen Tetanus schutzgeimpft sein. Diese Schutzimpfung ist die einzige vorbeugende Maßnahme, um das Pferd vor dem häufig tödlich verlaufenden Wundstarrkrampf zu schützen. Zur Schutzimpfung stehen Tetanustoxoidimpfstoffe als Monoimpfstoffe sowie in Kombination mit Influenzaimpfstoff zur Verfügung.
Das Fohlen aus einer ordnungsgemäß geimpften Mutterstute erhält über deren Kolostrum Antikörper, die bis über den 6. Lebensmonat hinaus persistieren und einen Immunschutz verleihen können. Fohlen sollten nicht vor abgeschlossenem 6. Lebensmonat grundimmunisiert werden. Für die Praxis kann die Empfehlung gegeben werden, dafür zu sorgen, dass Zuchtstuten über entsprechende Tetanuskolostralantikörper aus ordnungsgemäßer Impfung verfügen, d.h. nach der Grundimmunisierung sind Wiederholungsimpfungen in 2-jährigem Abstand vorzunehmen und diese so zu legen, dass sie im letzten Drittel der Trächtigkeit erfolgen. Mit dem Beginn der aktiven Immunisierung von Fohlen aus diesen Stuten sollte bis zu deren 8. Lebensmonat gewartet werden. Das Intervall zwischen den beiden Impfungen der Grundimmunisierung bei Fohlen sollte dann etwa 10 Wochen betragen. Die erste Wiederholungsimpfung erfolgt ein Jahr nach der abgeschlossenen Grundimmunisierung. Wiederholungsimpfungen erfolgen in   2- bis 4-jährigem Intervall.
Der Einsatz von Kombinationsimpfstoffen, in denen Influenza und Tetanus gleichzeitig vorliegen, kann nur begrenzt empfohlen werden. Es handelt sich hierbei um unterschiedlich immunogene Impfantigene, die völlig unterschiedliche Impfintervalle bedingen. Bestenfalls können derartige Vakzinen zur Grundimmunisierung verwendet werden, danach kaum noch. Die Halbwertszeit des Tetanusantitoxin im Organismus beträgt beim Pferd 6 bis 12 Jahre. Zu häufige Impfungen, wie sie in der Pferdepraxis bei Einsatz dieser Kombinationsimpfstoffe leider immer noch angetroffen werden, sind überflüssig und immunologisch weder vertret- noch begründbar.
 
Tollwut
Die Tollwuterkrankung beim Pferd ist ein individuelles Ereignis, da nur das vom infizierten Fleischfresser (Fuchs, Hund) gebissene Pferd erkrankt, die Infektion per Kontakt jedoch nicht auf weitere Pferde überträgt. Pferde in Weidehaltung mit Tollwutexposition speziell bei Offenhaltung sollten schutzgeimpft werden. Es bleibt dem Tierhalter unbenommen, nur einzelne Tiere impfen zu lassen. Ein Populationsschutz ist auf Grund der beschriebenen Übertragungswege im Vergleich z.B. zu den Infektionen der Atemwege nicht erforderlich. Für die Impfung werden nur Impfstoffe auf der Basis von inaktiviertem Virus bei Tollwutunverdächtigen Tieren eingesetzt. Fohlen können ab dem abgeschlossenen 5. Lebensmonat zu jedem Zeitpunkt in ein Impfprogramm einbezogen werden. Zur Erzielung eines belastbaren Impfschutzes für die Dauer eines Jahres genügt auch beim Erstimpfling eine Impfung pro Jahr.
Geimpfte Mutterstuten geben über ihr Kolostrum genügend Antikörper ab, um Fohlen bis zu deren Impfalter zu schützen. Es empfiehlt sich, Pferde 3 – 4 Wochen vor der Weidesaison zu impfen, damit sie schon geschützt auf die Weide kommen. Die postinfektionelle Impfung ist in Deutschland generell verboten.

Weitere mögliche Impfungen, z.B. mit stallspezifischen Vakzinen gegen bestimmte Bakterienarten oder gegen den Botulismus sind ebenso wie die Impfung gegen die Equine Virusarteritis möglich.
Sie sind jedoch Sonderregelungen vorbehalten und daher hier nicht besprochen, ebenso wie der mögliche präventiv-therapeutische Einsatz eines Biologikums gegen die Trichophytie des Pferdes.

Prof. Dr. Dr. habil. Peter Thein

Aus der Praxis ... und täglich grüßt der Beckenschiefstand